Mitte 2003 führte die Zeitschrift GEO eine Umfrage durch, bei der 73% der Deutschen Deutschland als eine Neidgesellschaft bezeichneten. Nicht einmal 7% widersprachen dieser Einschätzung. Dies ist um so bedauerlicher, weil Begierde, Neid und Missgunst meist nicht unterschieden werden.

21. Beispiel:

Seit kurzem fährt Dein Nachbar einen nagelneuen Porsche. Damit es auch niemandem entgeht, ist er darauf bedacht, das Auto nicht in der Garage zu parken, und fährt tagtäglich geräuschvoll vor.

Du nimmst an, dass er als Arzt deutlich mehr verdient als Du und das obwohl er im Grunde auch nicht mehr kann. Jedenfalls könntest Du Dir kein Auto leisten, was den Wert Deiner Eigentumswohnung übersteigt. Voller Missgunst erzählst Du an Deinem Stammtisch, dass die reichen Ärzte mit Ihren unverschämten Einkommen das Gesundheitssystem ruinieren, dass Besserverdiener höhere Steuern zahlen sollten und dass man eine Sondersteuer für Nobelkarossen einführen sollte. Ziemlich blöd, denn eigentlich willst Du genau das für Dich; dann natürlich ohne Sondersteuern.

Was gewinnst Du, wenn Dein Nächster etwas nicht hat?

Angenommen Du widerstehst dem Impuls der Missgunst bist aber trotzdem neidisch auf den Porsche des Nachbarn. Wieso eigentlich? Du hast ein Auto und kommst zuverlässig überall hin, wo Du hin musst. Im Stau steht es sich mit Deinem Auto vielleicht sogar bequemer als mit einem Porsche, und die ewigen Geschwindigkeitsbegrenzungen nerven Dich ohnehin. Wenn es um die Ästhetik geht, dann danke Deinem Nachbarn, der Dir dieses Kunstwerk täglich bereitwillig vor die Haustür stellt. Was willst Du also mit einem Porsche?

Was auch immer Dein Grund sein mag, wenn Du einen Porsche willst, kannst Du ihn bekommen. Ein älteres Modell kann man für ein paar tausend Euro kaufen. Für einen Neuwagen musst Du möglicherweise Opfer bringen.

Welche Opfer bringt der, den Du beneidest?

Eigentlich kam Dir Dein Nachbar schon immer etwas komisch vor. An Deinem Stammtisch war er noch nie – er hatte Notdienst. Am Wochende hat er sowieso Notdienst. Auch wenn er zu Hause ist – er hat ja Bereitschaft. Urlaub macht er wohl auch nie; angeblich gibt es zu wenig Personal im Krankenhaus. Als Arzt raucht er natürlich auch nicht.

Hand aufs Herz. Wenn Du die Kegelabende, den Stammtisch, die Zigarretten und die Urlaube streichst, aber dafür jedes Wochende Überstunden schiebst, fehlt Dir dann das Geld für die monatlichen Leasingraten für einen Porsche? Nein? Warum least Du Dir dann Deinen Traumwagen nicht?

Wenn es nicht reicht, vielleicht könnte Deine Frau noch einen Halbtagsjob annehmen. Und man kann Kleidung tragen, bis sie wirklich verschlissen ist. Einen Porsche – eine Yacht, ein Pferd, eine Villa, … – können die meisten Haushalte finanzieren. Also nur zu!

Als Ergebnis dieser Rosskur steigst Du dann in Deinen Porsche ein und präsentierst voller Besitzerstolz Dein Prachtstück. Hoffentlich fährt Deine Frau ebenso gerne Porsche wie Frau Ärztin von nebenan. Denn sonst könnte sie ihrer Eigenliebe folgen und ihre Sachen packen. Denn im Gegensatz zu Frau Ärztin, mag sie vielleicht nicht mit dem Mantel aus der Kollektion des letzten Jahres ausgehen.

Du hast Deinen Porsche. Ist es das, was Du wolltest?

Bleib Dir treu und lass die Anderen in einer Neidgesellschaft leben, wenn sie es denn wollen. Musst Du wirklich Dinge kaufen, die Du nicht brauchst, mit Geld was Du nicht hast, um damit Menschen zu beeindrucken, die Du nicht leiden kannst?

22. Beispiel:

Der Mann Deiner Freundin ist ein wahrer Chameur. Er ist immer zuvorkommend, hält ihr die Türen auf, hilft ihr in den Mantel, kauft Schmuck und Blumen; ein Kavalier alter Schule. Noch nie hast Du zwischen den beiden ein böses Wort gehört. Du wünschst Dir nach all den Jahren auch mit Deinem Partner derartig verliebte Blicke austauschen zu können. Du bist neidisch auf Deine Freundin, die einen Bilderbuchkavalier zum Mann hat.

Von einer anderen Freundin hast Du kürzlich erfahren, dass er nicht nur zu seiner Frau sehr zuvorkommend ist. Er sei durch und durch ein Casanova. Du glaubst es kaum, bis Du ihn ein paar Monate später mit einer Anderen in Deinem Stammcafe siehst. Du bist schockiert. Gleichzeitig bist Du neidisch auf diese Frau, die diesen Traummann erleben darf.

Dein Mann ist Dir treu. Jedenfalls ist abends bei der Sportschau noch nie eine Geliebte im Wohnzimmer aufgetaucht; und woanders geht er nicht hin.

Willst Du wirklich tauschen?

Du beschließt Deine Freundin über die Eskapaden ihres Mannes aufzuklären. Schließlich ist es Deine Pflicht als Freundin; und dann hängt endlich auch dort mal der Haussegen schief. Du hälst die ganze Bilderbuchehe nur für eine hübsche Fassade hinter der sich tiefe Abgründe auftun.

Bist Du glücklicher, wenn Du weisst, dass es anderen schlecht geht?

Du lädst Dich bei ihr zum Kaffee ein. Wie immer liegt sie auf der Couch in seinem Schoß und lässt sich genüsslich die Kopfhaut massieren. Eigentlich wolltest Du sie alleine sprechen und druckst herum. Als die beiden merken, worauf Du anspielst, erklärt sie Dir, dass sie das alles weiß. Du bist absolut perplex. Er liebe das Abenteuer, und ihr ginge nichts verloren – im Gegenteil.

Wo man nehmen will, muss man geben.

 

Begierden sind menschlich. Ob Du Dich zufrieden von dem Objekt abwendest, oder Deinen Ehrgeiz entwickelst, Dir Deine Begierden zu erfüllen, liegt bei Dir. Es hilft Dir indes nicht, das Begehrte zu zerstören. Freue Dich mit denen, die es erreicht haben. Frage sie gegebenenfalls wie sie dahin gekommen sind. Du kannst sicher etwas von ihnen lernen! Neid und Missgunst hingegen bringen Dich nicht weiter. Davon, dass es der Andere nicht hat, hast Du es auch nicht. Am Ende beschäftigt Dich die Missgunst so sehr, dass Du nicht erreichen kannst, was Du anstrebst.

Wenn es Dich interessiert, wie Du Deine Ziele in den Mittelpunkt stellst und verwirklichst, stehen wir Dir im persönlichen Gespräch zur Verfügung. Die Identifikation der eignen Ziele ist ein zentraler Bestandteil unserer Seminare, um auf dem Weg durch das Leben Orientierung zu finden.

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